Sonntag, 16. Januar 2011

Waschfrauen

Von Tine.

Geh. Ich hab gesagt du sollst die blöde Tasse mitnehmen. Die kann ich nämlich auch nicht mehr sehen. Tassen mit Nasen und hässlichen Augen haben in meinem Schrank keinen Platz. Das ist ja gerade so als würde die die anderen Tassen beobachten, die alle verschämt wegsehen, weil ihnen der Henkel abgebrochen ist oder die sonst irgendwie kaputt sind. Und kaputt bin ich auch. Und mich guckst du auch so an. Du und deine Nase mit deinen schönen Augen. Jawohl. Aber das heißt jetzt gar nichts hier. Und das Telefon. Vergiss das Telefon nicht. Das kann ich nämlich auch nicht mehr hören. Das ist ja eh immer für dich. Und wenns für mich ist, ist es höchstens das Bafög-Amt und die kann ich ja auch nicht mehr hören, also ist das wahrscheinlich ganz gut so – das mit dem mitnehmen. Es sei denn du willst mal anrufen… Aber dann würde ich ja auch gar nicht rangehen, weil ich denken würde es ist das Bafög-Amt. Außerdem hast du ja noch meine Handynummer. Aber die kannst du auch gleich löschen, denn wenn du das Telefon sowieso schon mitnimmst versucht mich das Bafög-Amt über mein Handy anzurufen und dann geh ich ja auch nicht ran. Die Couch kannst du später abholen. Oder gleich. Ich sitz mit meiner Schmusedecke ja sowieso lieber auf meinem Stuhl und guck Tatort. Außerdem hab ich ja noch meine Isomatte und die ist schließlich auch kuschelig! Denk an deine staubige Stereoanlage. Das hat mich sowieso schon immer gestört. Immer wenn du die an hattest konnte man von den vorbeifahrenden Autos ja eh nichts hören. Dabei wohnen wir doch nun extra an der Autobahn. Dein Kühlschrank versperrt da übrigens auch noch die schöne weiße Wand in der Küche. Den Platz hätte ich persönlich ja auch besser genutzt. Mit einem Poster. Mit dir und mir und dich schneid ich dann einfach weg. Da seh ich nämlich so schön glücklich aus und wenn die vom Bafög-Amt mal vorbeikommen, dann können die gleich sehen dass ich gar nicht immer so unglücklich bin, wie ich am Telefon klingen würde, wenn ich eins hätte. Und sowieso – wer einen Kühlschrank hat muss sich ja auch nicht über die hohen Stromkosten wundern und über den Klimawandel und so. Ich ess dann eben einfach mal so Brot. Ohne alles. Oma hat immer gesagt „Trocken Brot macht Wangen rot“ und du hast schließlich immer gesagt ich sehe so blass aus! Ich mach mir auch mal Nudeln mit Ketchup. Aber nur der aus der kleinen Flasche, weil ich von der großen ja immer einen Rest hätte, der dann in einen blöden Kühlschrank müsste. Und ja das mit der Waschmaschine ist auch gar kein Problem. Die Sachen kann man ja auch im Waschsalon waschen. Oder einfach im Fluss und dann mit anderen Waschfrauen erzählen, die jetzt auch keinen Kühlschrank mehr haben und die kann man dann zum Essen einladen und sich mit ihnen Nudeln und eine ganze Flasche Ketschup auf der kuscheligen Isomatte teilen. Nein, die Taschentücher brauch ich nicht mehr. Du siehst ja das ich ganz emanzipiert bin und immer meinen Weg finde und jetzt auch gar nicht mehr um dich weine. Um dich und deine Nase. Falls ich doch noch mal ein bisschen traurig bin ist da noch ein großes weißes Laken im Schrank. Und wenn das dann Salzflecken hat, kann man das ja wieder im Fluss waschen mit den anderen Waschfrauen, die auch alle noch ein bisschen verheult aussehen. Ja und der Schrank. Das ist ein bisschen blöd, weil wir den ja zusammen gekauft haben. Und wenn man Sachen mit vier Beinen zersägt dann haben sie nur noch zwei und fallen um. So wie ich mit meinen zwei Beinen. Einmal den Halt verloren und bums – sitzt man wieder am Fluss. Nimm den Schrank einfach auch mit, ich komm aus dem ganzen Gewasche und Getrockne eh nicht so schnell wieder raus und hab dann auch sicherlich viel emanzipiertere Sachen vor, als Sachen in Schränke legen und dann wieder rausnehmen. So und jetzt geh. Damit ich schnell wieder ganz glücklich werden kann und so. Und wenn ich dir nicht mehr böse bin, dann kannst du mich ja vielleicht mal anrufen, du Affe. Bis bald.